Mais-Marathon

Bei der Maisernte ist auf dem Hof Butenschön die gesamte Familie im Einsatz. Mit Traktoren muss der gehäckselte Mais auf dem Silo gewalzt (Foto), das heißt fest zusammengepresst werden.

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Die Landwirtschaft erzeugt Lebensmittel – Fleisch, Gemüse und Obst. Wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig hat sie sich in den vergangenen hundert Jahren gewandelt. Trotz des Einsatzes von Computer und High-Tech ist eines geblieben: die Abhängigkeit vom Wetter. Was den Alltag eines Landwirtes bestimmt und wie sein Jahresablauf aussieht, zeigen wir am Beispiel des Milchviehbetriebes Butenschön. Im September wird der Mais gehäckselt, der später als Rinderfutter dient.

Ladung um Ladung, Schicht um Schicht wächst der Silo-Berg um jeweils 15 Zentimeter. Ein dickes Abschleppseil liegt bereit. „Da fährt mir niemand mehr aus eigener Kraft hinauf“, lautet die Anweisung von Henrik Butenschön. Auf den fragenden Blick der Reporterin fügt er hinzu: „Das schaffen die Maschinen nicht mehr.“ Gemeint sind die Zugmaschinen der Abfahrer, die mit Hängern voller Maishäcksel vom Feld anrollen und diese auf dem Silo abladen. „Es ist die teuerste Ernte, die wir einbringen“, so der Landwirt. Zum einen, weil sie wertvolles Viehfutter liefert. Zum anderen, weil viele Maschinen und Menschen im Einsatz sind. Die Maishalde hat nach einem halben Tag bereits eine beachtliche Höhe erreicht. Mit der schweren Fracht ist der Anstieg für eine Zugmaschine alleine zu steil geworden. „Wenn die Fahrer es versuchen und dann die Reifen durchdrehen, gibt es Löcher in der Maismasse“, erklärt Katja Butenschön. Die Landwirts-Frau weiß: Hohlräume mit Luft behindern die Milchsäuregärung, durch die die Silage haltbar gemacht wird. Darum muss die Masse außerdem gut festgewalzt werden.

Das übernimmt unter anderem ein gewaltiger Claas Xerion 3300. Vor und zurück rollt er auf dem Maissilo. Immer wieder vor und zurück. Mit seinen mehr als 17 000 Kilo Eigengewicht und 80 Zentimeter breiten Reifen ist er für diese Aufgabe hervorragend geeignet. Auf dem zweiten Silo sind zwei kleinere Traktoren mit Fahrern des Hofes im Einsatz. Den Xerion steuert Arthur Bichel. Der Vater des Nortorfer Lohnunternehmers Carsten Bichel weiß, worauf er achten muss – unter anderem darauf, „dass ich nicht zu nahe an die Kanten komme, damit die Maschine nicht abrutscht“.

Monoton brummt der Motor. Vor und zurück bewegt sich der Xerion. Ein eintöniges Geschäft sei das, gesteht Arthur Bichel. Erst muss er die Häckselmasse mit einem Schieber möglichst gleichmäßig verteilen, dann festwalzen – ebenfalls möglichst gleichmäßig. Dafür kann er die Räder in den sogenannten „Hundegang“ schalten. Das heißt, dann bewegen sie sich versetzt zueinander, der Druck wird noch besser verteilt. Eine Entschädigung für den gleichförmigen Arbeitsablauf ist der weite Blick über das Hofgelände. Nachdem sich eine Regenfront verzogen hat, dampfen die Felder und die Silos. Bichel deutet auf eine schwarze Wolke am Himmel. Es sind Stare, die sich für den Abflug in den Süden sammeln. Keine Frage, es ist Herbst – der richtige Zeitpunkt, um den Mais zu häckseln. „In der vergangenen Woche war noch nicht genug Stärke vorhanden“, sagt Henrik Butenschön. Erst wenn sich die Maiskörner nicht mehr eindrücken lassen, dann rücken die Maschinen an.

Das bedeutet eine ausgefeilte Logistik, denn nicht nur der Lohnunternehmer ist beteiligt, auch Auszubildende und Familienmitglieder werden eingeteilt. Der Einsatzplan ist an einen Strohballen gepinnt. „Bei uns sollen die Auszubildenden alles lernen“, sagt Butenschön. Also dürfen sie auch mit einem hofeigenen Traktor walzen. Schwager, Neffe, Sohn, Vater – auch alle Männer der Familie sind im Einsatz. Diese Tatsache und die kurzen Wege, weil die Felder direkt am Hof liegen, halten die Kosten in Grenzen. Dennoch: Für die zwei Tage Einsatz zahlt der Landwirt zirka so viel wie für einen Kleinwagen. „Deshalb“, fügt er an, „darf kein Häcksler still stehen“. Unermüdlich fressen sich die Metall-Zähne durch das Feld. „Der Mais steht in diesem Jahr sehr hoch“, sagt Katja Butenschön. „Aber nur hier auf der Geest“, setzt ihr Mann hinzu. Der Fahrer auf dem Häcksler kann geradeaus kaum noch Himmel sehen. Doch er muss immer wieder nach links schauen, zum Abfahrer. Ist der Hänger voll, kommt der nächste. Drei Abfahrer im Einsatz transportieren nonstop den Mais zu den beiden Silos.

Danach folgt noch ein Knochenjob: das Abdecken. Dafür müssen alle mit anpacken. Die Plane ist relativ dünn, erklärt Katja Butenschön, muss aber eng anliegen. Darauf kommt ein Nicolsil-Netz, das die Silage luftdicht abschließt und verhindert, das Vögel die Plane aufpicken. Sandsäcke am Rand und Autoreifen beschweren die Abdeckung. Nach vier Wochen sollte die Masse „durchseliert“ sein, erklärt Butenschön. Dann kann der „Kuchen“ angeschnitten werden. Unter dem Mais liegt Grünschnitt, so dass der Silo nur an einer Stelle geöffnet werden muss, um die Futter-Mischung aus Gras- und Maissilage für das Vieh zu entnehmen.

Sabine Sopha

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Stichwort Mais Mais hat einen geringen Wasserbedarf und stellt nur mäßige Ansprüche an den Boden. Er ist in Deutschland eine verbreitete Kulturpflanze mit hohen Erträgen an Trockenmasse pro Fläche. Die Anbaufläche von Silomais in Schleswig-Holstein liegt laut Aussage des Statistikamtes Nord in diesem Jahr bei 164 400 Hektar.
Als Silomais wird Mais bezeichnet, der verfüttert (Maissilage) oder in Biogasanlagen verwertet wird (Energiemais).
Auf dem Hof Butenschön wird auf 74 Hektar Mais angebaut. Die Grünlandfläche umfasst 113,3 Hektar. Die Milchkühe werden mit 50/50 Gras- zu Maissilage gefüttert, die Mastbullen erhalten 20/80 Gras- zu Maissilage. Futtermais nimmt mit Ende der Milchreife einen mehligen Geschmack an. Zuckermais behält dagegen den süßen Geschmack des milchreifen Maises mit abnehmender Tendenz bis zum Ende der Teigreife bei und wird für die Zubereitung menschlicher Nahrung genutzt. Das Stängelmark dient dem Mais als Energiespeicher für die Kolbenentwicklung. Dies gilt für fast alle Maissorten.