Viehhaltung – Auf Du und Du mit der Kuh

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Tiere sind oft die Existenzgrundlage von Landwirten. Licht, Luft, Platz und ein bisschen Wellness steigern das Wohlbefinden. Landwirt Henrik Butenschöns größtes Kapital ist sein Milchvieh / Seine Philosophie: Die Tiere sollen es gut bei ihm haben.
Die Landwirtschaft erzeugt Lebensmittel – Fleisch, Gemüse, Obst und Getreide. Wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig hat sie sich in den vergangenen hundert Jahren gewandelt. Trotz des Einsatzes von Computer und High-Tech ist eines geblieben: die Abhängigkeit vom Wetter. Was den Alltag eines Landwirtes bestimmt, und wie sein Jahresablauf aussieht, zeigen wir am Beispiel des Milchviehbetriebes Butenschön in Bargstedt. Hier sind die Tiere das Kapital. Dementsprechend legt Landwirt Henrik Butenschön viel Wert darauf, dass es dem Vieh gut geht.

Sie hat keine Traumfigur, ist sogar etwas unförmig und fast ein wenig unscheinbar. Sie hat ihre Ecken und Kanten und ist nur eine von vielen – und doch wird sie von allen ganz besonders geliebt. Die Rede ist von Nucki, der sieben Jahre alten Lieblingskuh von Familie Butenschön. Insgesamt leben mit Nucki 720 Tiere auf dem Hof außerhalb von Bargstedt – davon werden 220 Kühe gemolken, 140 Bullen gemästet und Kälber sowie Jungvieh aufgezogen.

Die Kühe sind bei Butenschöns zwischen 28 und 30 Monate alt, wenn sie das erste Mal kalben. Im Vergleich zu anderen Betrieben sei das relativ spät, so Chef Henrik Butenschön. Er erklärt die Gründe: „Unsere Tiere kommen im Sommer raus auf die Weide. Dort sind sie nicht so optimal versorgt wie im Stall. So sind die Tiere meist nicht in der körperlichen Verfassung sind, um trächtig zu sein.“ Die Kühe sollten nämlich ein Mindestgewicht von 400 Kilogramm haben – da werde auch mal vereinzelt nachgewogen, bevor die Tiere künstlich befruchtet werden. „Die Trächtigkeit einer Kuh dauert so lange wie die Schwangerschaft beim Menschen“, so Butenschön. Sind die Kälber da, bekommen sie Ohrmarken – ihren eigenen Personalausweis also. Die Landwirte sind dazu verpflichtet, die Marken anzubringen und die Tiere innerhalb von sieben Tagen zu melden – ansonsten drohen hohe Geldstrafen.

Außerdem ist es auf dem Hof gang und gäbe, dass die Kühe alle einen Namen bekommen. So tummeln sich neben Nucki auch Paula, Schampus oder Neke im Stall. Letztere vertreibt sich die Zeit, indem sie an einer dafür angebrachten Bürste ihr Hinterteil scheuert. „Kopf oder Hinterteil sind sehr beliebt“, weiß Butenschön, der

berichtet, dass die Tiere mitunter stundenlang diese Wellness-Einheiten genießen. Die Bürsten, die sich zum Teil wie in einer Autowaschanlage automatisch drehen, sobald eine Kuh herantritt, hat er angebracht, um das Wohlbefinden der Tiere zu steigern. Das ist dem zweifachen Familienvater besonders wichtig. So legt er auch bei den Ställen viel Wert darauf, dass die Tiere hier mehr Platz, Licht und Luft haben als früher üblich. Das gilt auch für die Mastbullen, die im Sommer – anders als die Kühe – nicht auf die Weide kommen. Zu groß ist für Butenschön das Aggressionspotential und somit das Risiko, dass eines der Tiere beispielsweise einen Mitarbeiter verletzt. Während die Mastbullen mit etwa 21 Monaten geschlachtet werden, dürfen die Kühe länger leben. „Es ist das Ziel, die Kühe alt werden zu lassen, wenn sie gesund sind“, so der Landwirt. Medikamente müsse er dafür nicht verabreichen. Das sei bei Rindern nicht üblich. „Die Puten- und Kälbermäster haben die Landwirte aber mitunter ganz schön in Verruf gebracht“, weiß Henrik Butenschön. Seine Tiere werden lediglich gegen Grippe geimpft und selektiv behandelt, wenn sie krank sind. Kühe beispielsweise hätten hin und wieder Streptokokken oder Euterentzündungen, gegen die Medikamente gegeben werden. Die großen Mastbullen würden äußerst selten krank. Bevor das Vieh auf die Weide darf, wird ein Mittel gespritzt, das gegen Endoparasiten wie Lungen-Würmer oder Leber-Egel wirkt. Spezielle Ohrmarken wehren Ektoparasiten wie Mücken oder Fliegen ab.

Hinaus dürfen die Tiere bei Butenschöns, sobald Wetter und Bodenbeschaffenheit mitmachen. Das Jungvieh, das während des Sommers auf den moorigen Flächen stehen wird, darf schon Ende April das Winterlager verlassen. Die anderen Kühe müssen den wertvollen ersten Schnitt auf dem Grünland abwarten, bevor auch

sie sich den Wind um die Nase wehen lassen dürfen. „Wenn die Kühe rauskommen, sind immer alle dabei. Die Tiere sind dann regelrecht blind vor Glück, weil sie sich so freuen. Und das freut den Menschen auch“, sagt Henrik Butenschön. Den Tieren soll es gut gehen. Sie sind nicht nur sein Kapital, sondern eben auch Freunde. Wie Nucki.

Katrin Schaupp

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