kuhweide
Geburt auf der Weide: Als erstes wird geleckt

Ein erstes Bild von Mutter und Kalb. Eben noch standen die Kühe gemütlich wiederkäuend auf der Weide. Da kommt plötzlich Bewegung in die Gruppe. Die Tiere umringen eine Kuh, die wiederum etwas anstupst, das im Gras liegt. „Ein totes Tier“, ist der erste Gedanke, den die Städterin hat, als sie zufällig Zeuge der Szene wird. Dann schaut sie genauer hin: Es ist ein frisch geborenes Kalb, das jetzt von seiner Mutter abgeleckt und von den „Tanten“ muhend begrüßt wird. Henrik Butenschön hat nur kurz aus der Ferne zur Weide geschaut. „Alles okay“, lautet sein lakonischer Kommentar. Er greift nicht ein. Nur wenn der Kopf des Kalbes noch mit Haut bedeckt ist. Und sollte das Muttertier mal zum Ablecken zu schlapp sein, dann greifen die „Tanten“ ein. 36 Stunden nach der Geburt erhält das Kalb dann eine Ohrmarke und kommt bald darauf in den Kälberstall.

Ende der Feldarbeit

Der Roggen ist gedrillt. Damit endet in diesem Jahr die Feldarbeit. Doch zu tun ist bei der Familie Butenschön, die wir ein ganzes Jahr begleiten, mehr als genug. Jeden Tag liefern die Kühe Milch.

Körner-Saat auf „sauberem Tisch“

Roggen-Drillen mit Augenmaß und 76 Kilo Saat auf einem Hektar / Nun beginnt auf dem Hof in Bargstedt eine ruhigere Zeit.

Die Landwirtschaft erzeugt Lebensmittel – Fleisch, Gemüse und Obst. Wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig hat sie sich in den vergangenen hundert Jahren gewandelt. Trotz des Einsatzes von Computer und High-Tech ist eines geblieben: die Abhängigkeit vom Wetter. Was den Alltag eines Landwirtes bestimmt, zeigen wir am Beispiel des Milchviehbetriebes Butenschön. Im Oktober endet die Bodenarbeit und die Familie gönnt sich eine Woche Urlaub.

„Die Feldarbeit ist abgeschlossen“, sagt Henrik Butenschön. „Jetzt geht nichts mehr“. Der Grund: Der Boden ist zu nass. Aber es ist auch alles erledigt: Der Mais gehäckselt (siehe September-Folge), die Flächen gepflügt, der Roggen gedrillt. Rund 35 Hektar der ehemaligen Maisfläche wurden mit Winterroggen bestellt. Dafür sind mehrere Bearbeitungsgänge nötig. „Als erstes wird gegrubbert“, erklärt der Landwirt. Und übersetzt für den Laien: „Das heißt, die Stoppeln werden herausgerissen“. Dann wird bis zu einer Tiefe von 20 Zentimetern gepflügt, oder wie der Fachmann sagt: „Der Boden wird gedreht“. Das Ergebnis ist ein sauberes – schwarzes – Saatbett. Der Vorteil: So wird das Unkrautwachstum unterdrückt und es sind weniger Pflanzenschutzmittel nötig. 0,3 Liter vermischt mit 200 Liter Wasser bringt Butenschön auf einem Hektar aus. Das Mittel legt sich wie ein Film auf den Boden, die Unkräuter gehen ein.

Dass der Bauer das Mittel sparsam anwendet, hat neben ökologischen auch ökonomische Gründe. „Ein Liter kostet rund 90 Euro“, erklärt der Hof-Chef. Ganz ohne die geht es nicht. Das hat Sohn Tjark (16) in einer Projektarbeit in der Schule aufgezeigt. Vier verschiedene Flächen wurden vorbereitet: Eine gegrubberte mit und ohne Pflanzenschutz, eine gepflügte, ebenfalls mit und ohne Pflanzenschutz. Nur grubbern ohne Pflanzenschutz, „das ging gar nicht“, erinnert sich der Landwirt. „Der Roggen erstickte im Unkraut.“ Das beste Ergebnis brachte Pflügen plus Pflanzenschutz.

Der Hofgründer hat um 1890 das zu bestellende Land noch sieben Mal gepflügt, „um einen sauberen Tisch zu haben“ – also zu erreichen, dass der Boden gewendet ist und die Unkräuter unter der Erde sind. Das Säen – das Drillen – übernehmen heute die Maschinen. Bei großen Flächen sind sie GPS-gesteuert. Butenschöns Schwager in Thüringen bewirtschaftet große Flächen. „Bei 500 Hektar bedeuten zehn Prozent Abweichung schon einen hohen Verlust.“ Auf dem Bast in Bargstedt ist noch Augenmaß gefragt, die Felder sind nicht so groß. Nach ein paar Frosttagen geht der Roggen in die Winterruhe. Auch auf dem Hof geht es dann ruhiger zu. Dann widmen sich Butenschön und sein Team verstärkt der Tierpflege, draußen werden die Gräben kontrolliert und eventuell sauber gemacht. Aber vorher gönnen sich Henrik und Katja Butenschön mit Tjark und Lina eine Woche Urlaub in Dänemark. Dass auf dem Hof alles läuft, dafür dafür sorgt das Team Ralph, Fredi, Ole, Lennart und Butenschön senior.                  Sabine Sopha

drille
Befüllen die Drillmaschine mit Saatgut: Praktikant Enis Ben Halima (links) und der Auszubildende Siem Ole Block.

kuheuter
Milchkreislauf: Melken, kühlen und dann in Neumünster zu Pulververarbeiten.

Butenschön und die Milch

Die QM-Kontrolle der Milch steht alle drei Jahre an. Der Kontrolleur vom Landeskontrollverband (LKV) prüft die Ställe auf Luft und Licht, kontrolliert aber auch, ob das Milchtankprotokoll richtig geführt und wie hoch der Verbrauch der Reinigungsmittel ist. „Die Prüfung ist auch sehr umfangreich“, sagt Henrik Butenschön, aber nicht so sehr wie die des Qualitätssiegels Fleisch (siehe Juni-Folge).

Der Milch-Kreislauf beginnt mit dem Melken: Um fünf Uhr morgens und um 16 Uhr Nachmittags kommen die Kühe bei den Butenschöns in den Melkstand. Gerade erst hat der Landwirt den dortigen Betonboden fräsen lassen, weil er ihm zu rutschig war. Zwei Stunden lang dauert es, die 230 Kühe zu melken. Vom Euter gelangt die Milch in den Tank aus glänzendem Edelstahl. „Dort wird sie möglichst schnell auf 5,4 Grad heruntergekühlt.“

Zwei Kühltanks stehen auf dem Butenschönschen Hof für den täglichen Gebrauch. „Sie fassen 17000 Liter“, so der Landwirt. Geleert wird alle zwei Tage und danach gereinigt. Die Milch wird währenddessen in Richtung Neumünster gefahren. Henrik Butenschön ist Mitglied der Meiereigenossenschaft Barmstedt, die wiederum einer von vier Anteilseignern des Milchtrockenwerks Neumünster (MTW) ist.

Wohin ein Landwirt seine Milch liefert, „kann er frei entscheiden“, erklärt Butenschön, „muss jedoch die Regularien der Meierei beachten“. Er war bis 2002 Mitglied der Nortorfer Meiereigenossenschaft, die ihren Sitz im Zentrum des Ortes hatte. „Jetzt kann man dort sehr gut Eis essen“, klärt er über die neue Nutzung des Gebäudes auf. Getrunken wird die Milch aus Bargstedt nicht. Milchpulver landet oft in Schokolade – zum Beispiel in Ferrero-Produkten. Das Unternehmen aus Italien hat sich vor einigen Jahren auf dem Hof umgeschaut, denn – so heißt es auf der Internetseite: „Unsere Milch beziehen wir von sorgfältig ausgewählten Lieferanten in lokalen Milchregionen, die konstante Qualität, gleichbleibende Geschmackseigenschaften, Lebensmittelsicherheit und natürlich Frische gewährleisten können.“